Zetafunktion und Riemannsche Vermutung
Vorlesung von O. Forster im WS 2017/18am Mathematischen Institut der LMU München
Mi, Fr 14-16, HS A027, Theresienstr. 39
mit 2std.
Übungen
Mi 16-18 (A027)
Beschreibung
Für s > 1 konvergiert die unendliche Reihe
Schon Euler befasste sich mit dieser Reihe und stellte einen
Zusammenhang mit der Primzahl-Verteilung her. Ihre wahre
Bedeutung erhielt diese Funktion erst durch B. Riemann mit
seiner 1859 erschienenen Arbeit
"Ueber die Anzahl der Primzahlen
unter einer gegebenen Grösse".
Darin betrachtete Riemann die Zetafunktion als Funktion einer
komplexen Variablen s und bewies, dass sich diese Funktion
in die ganze komplexe Zahlen-Ebene mit Ausnahme des Punktes s=1 holomorph
fortsetzen lässt. Bei s=1 hat die Funktion einen Pol
erster Ordnung. Riemann bewies die sog. Funktionalgleichung
der Zetafunktion, das ist eine gewisse Symmetrie-Eigenschaft
bzgl. des Punktes s = 1/2, und gab explizite Formeln an, welche
die Funktion pi(x), die die Primzahlen <= x zählt, mit den
nicht-reellen Nullstellen der Zetafunktion verbinden. Dabei
stellte er die Vermutung auf,
dass diese sog. nicht-trivialen Nullstellen alle
den Realteil 1/2 haben und schreibt dazu: "Hierfür wäre
allerdings ein strenger Beweis zu wünschen; ich habe indess
die Aufsuchung desselben nach einigen flüchtigen vergeblichen
Versuchen vorläufig bei Seite gelassen ...". Bis heute ist
diese Vermutung unbewiesen. Sie zählt zu den mit einer Million Dollar
dotierten Millennium-Problemen
des Clay Mathematics Institute.
In der Vorlesung stellen wir die Zetafunktion und ihre
wichtigsten Eigenschaften vor.
Aus der Tatsache, dass zeta(s) keine Nullstellen mit Re(s) = 1 hat,
folgt der zuerst von Hadamard und de la Vallee Poussin 1896
bewiesene Primzahlsatz. Dieser besagt, dass pi(x)
für x gegen unendlich asymptotisch
gleich dem Integral-Logarithmus Li(x) ist. Li(x) ist das Integral
über 1/log(t) von t=2 bis x. Die Riemannschen Vermutung ist
äquivalent zur Aussage, dass die Differenz pi(x) - Li(x)
die Größenordnung O(sqrt(x)log(x)) hat. Wir beweisen
außerdem einige weitere Äquivalenzen zur Riemannschen
Vermutung.
Vorkenntnisse:
Funktionentheorie; Vorlesung Algebra und/oder Zahlentheorie
Für
Master-Studenten der Mathematik und andere Interessierte mit
entsprechenden Vorkenntnissen
Gliederung
(Zu einigen Kapiteln gibt es ein Skriptum)
- Zetafunktion und Euler-Produkt
- Die Euler-Maclaurinsche Summations-Formel
- Allgemeine Sätze über Dirichlet-Reihen
- Beweis des Primzahl-Satzes (pdf)
- Funktional-Gleichung der Zetafunktion
(pdf)
- Anhang: Die Gamma-Funktion (pdf)
- Nullstellen-Verteilung im kritischen Streifen (pdf)
- Die Mellin-Transformation und ihre Umkehrung (pdf)
- Äquivalenzen zur Riemannschen Vermutung (pdf)
Literatur
- P.Borwein / S.Choi / B.Rooney / A.Weirathmueller (eds.): The Riemann Hypothesis. CMS Books in Math. Springer 2008
- J. Brüdern: Einführung in die analytische Zahlentheorie. Springer 1995
- H.M. Edwards: Riemann's Zeta Function. Academic Press 1974. Nachdruck Dover 2001
- E. Landau: Vorlesungen über Zahlentheorie, Vol. II, Hirzel 1927. Nachdruck Chelsea 1969.
- S.J. Patterson: An introduction to the theory of the Riemann Zeta-Function. Cambridge UP 1988
- K. Prachar: Primzahlverteilung. Springer 1957
- G. Tenenbaum: Introduction to Analytic and Probabilistic Number Theory. AMS, 3rd ed. 2015
- E.C. Titchmarsh: The Theory of the Riemann Zeta-Function. Oxford UP, 2nd ed. 1986
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