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Nachüberlegung

Ich sagte oben, daß Physik, im neuzeitlichen Sinne, d.h. im Sinne einer mathematisch theoretischen Beschreibung bereits vorsokratisch gedacht wurde. Aber in diesem Sinne, ist Physik immer die Beschreibung des ganzen Universums, man denke an Newton, der den Kosmos als mechanisches ,,Uhrwerk`` beschreibt. Es ist natürlich nur der Kosmos des Heraklit, der unbelebte, aber dafür ist das Bild zunächst als endgültiges gedacht (also ,,zunächst endgültig`` ist ja eine sinnlose Konstruktion. Ich meine auch wirklich, daß eine gewisse Ruhe nach dem Begreifen einkehrt. Es wird eine ganze Zeit dauern, bis ein besseres Verständnis um sich greift). Was ist der Unterschied von dieser Beschreibung des Kosmos zur griechischen? Ich denke es gibt keinen. Der Unterschied ist einer des Gefühls, besser gesagt der Feinfühligkeit, es liegt im Bewußtsein des Menschen. Es ist die Oberflächlichkeit des Gedankens und der Sprache. Physik zu treiben, heißt herauszufinden, wie der Kosmos funktioniert. Das allein legt nahe, an einen schaffenden Gott zu denken, was ja zunächst nichts anderes als ein Bild für den geordneten oder, wie ich es sage, sinnvollen Kosmos ist. Wir haben nun mal nicht mehr als unseren Verstand, und eine Möglichkeit hinter das Funktionieren zu kommen ist, sich zu fragen: Wie würde ich es machen, in möglichst einfacher und schöner Form. Das ist legitim. Man spielt ein wenig Gott. Das mag ungriechisch sein, aber es ist nur eine Denkart, die einfach mit der Idee vom geordneten Kosmos kommt, es kommt mit Heraklit, ganz egal, ob das nun griechisch ist oder nicht. Das ist menschlich. Aber nun kommt der zweite Schritt. Sollte man wirklich denken, daß man mit Gott gleich ist, wenn man ein Gesetz für den Kosmos gefunden hat? Sollte man wirklich meinen, daß man die Weltformel finden kann, die endgültige Wahrheit? Das ist sicher kein notwendiger Schritt, es ist noch nicht mal ein nachvollziehbarer Schritt, es ist einfach eine totale Überhöhung des Sachverhaltes, es ist einfach oberflächlich menschlich. Mir geht es nicht darum zu verstehen, wie es zu dieser Überhöhung gekommen ist (und es gibt gute Anzeichen dafür, daß sie stattgefunden hat), mir geht es darum, daß keine Physik, auch nicht die Physik der Neuzeit, diese Überhöhung des Menschen braucht(anders als es [1] sagt). Es ist nach wie vor ,,nur`` eine heilige Schau und die Vorstellung, daß der Mensch den Kosmos auf Grund seines jetzigen Wissens beherrschen kann, ist unbegründet. Dabei ist es relativ egal, daß wir heute in der Lage sind, in ganz anderen Größenordnungen zu verändern als die Vorsokratiker. Die Entfernung von Erde und Mond zu bestimmen (griechisch) oder eine Erde Mond Touristik zu betreiben (neuzeitlich), sind nicht so verschieden. Dennoch kann es auf den Menschen natürlich unterschiedlich wirken. Die ungeheure Größenordnung selbst kann Öl in das Feuer der Selbstüberhöhung sein, und das muß man erkennen. Der Verlust der Ehrfurcht vor der Schönheit und dem Wundersamen des Kosmos kann eine allzu menschliche Konsequenz des besseren Verständnisses desselben sein. Dies ist eine ganz und gar ungriechische Art, der Welt zu begegnen aber davon unabhängig ist es auch eine durch nichts begründete Art, der Welt zu begegnen.


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D. Duerr
Mon Jun 5 10:09:09 MET DST 2000